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Handreichung Fallspende

Im Fallrepositorium der AG ethik learning (AEM) werden Fallbeschreibungen veröffentlicht, die bei Nennung der Quelle ohne Copyright-Einschränkung von Dozierenden für die Ethik-Lehre in genutzt, verändert und wieder veröffentlicht werden dürfen (Creative Commons). Die Fälle wurden durch Fallspenden zur Verfügung gestellt und im Rahmen eines Peer Review Verfahrens fachlich geprüft.

Diese Handreichung enthält Hinweise für die Fallspende sowie für die Fallnutzung. Sie soll interessierten Personen Orientierung geben, um Fallbeschreibungen veröffentlichen und die Chancen und Grenzen der Nutzung von Fällen in diesem Repositorium bewerten zu können.

Bitte lesen Sie zunächst unsere Hinweise zur Fallspende aufmerksam durch, bevor Sie einen Fall für das Fallrepositorium der AG ethik learning spenden. Sie sind folgendermaßen gegliedert:

  1. Fallauswahl
  2. Ethik der Fallspende
  3. Hinweise zur Bereitstellung einer Fallbeschreibung

Wir suchen Fallbeispiele, die das (professionelle) Handeln im Umgang mit Gesundheit und Krankheit thematisieren. Mit Fällen bezeichnen wir Situationsbeschreibungen, in denen moralische Unsicherheit, ein moralischer Konflikt, ein moralisches Dilemma oder moralisch fragwürdiges Handeln sichtbar gemacht werden kann. Es sollen Situationen beschrieben werden, in denen Entscheidungen getroffen werden müssen. Die Situationsbeschreibungen sollen alle relevanten Fakten beinhalten, die notwendig sind, um eine ethische Reflexion anregen und sich ein moralisches Urteil bilden zu können.

Wir sammeln Fälle aus verschiedenen Bereichen der Aus-, Weiter- und Fortbildung von Menschen, die beruflich im Gesundheitswesen agieren (wollen). Dies beinhaltet zum Beispiel Fälle, die moralisches Handeln im direkten oder indirekten Umgang mit hilfesuchenden Menschen thematisieren, in denen das (kollektive) moralische Handeln von Forschenden sichtbar gemacht wird sowie Fälle, in denen Public-Health-Maßnahmen beschrieben werden. Die beschriebenen Situationen müssen nicht authentisch erlebt worden sein. Es genügt, wenn die Texte realistische Situationen beschreiben.

Die Herstellung guter Lehrmaterialien ist eine verantwortungsvolle Aufgabe. Die folgenden Werte sollen Fallspenden für das Fallrepositorium anleiten und dienen als Grundlage der Prüfung: Schutz der Persönlichkeitsrechte der Fallbeteiligten (Prüfung der Anonymisierung), sachliche Darstellung der Fallgeschichte (sprachliche Prüfung), Aktualität der Fallbeschreibung (fachliche Prüfung), Urheberrechtsschutz (Plagiatsprüfung) und Einverständnis in die Fallveröffentlichung (Prüfung der Einverständniserklärung).

Das Fallrepositorium wird von einem Peer-Review-Verfahren begleitet. Reviewer*innen sind in der Regel Mitglieder der AG ethik learning, die über ausgewiesene Erfahrung in dem Lehrkontext verfügen, für den der Fall eingereicht wurde. Sie prüfen, ob die ethischen Grundsätze gewahrt sind.

Schutz der Persönlichkeitsrechte und Prüfung der Anonymisierung der Fallgeschichte

Beruhen die Fallgeschichten auf realen Begebenheiten, ist eine sorgfältige Anonymisierung der beteiligten Personen, Orte und anderer relevanter Merkmale notwendig, um die Persönlichkeitsrechte der beteiligten Personen zu wahren. Durch Anonymisierung soll die Identifizierbarkeit der Beteiligten verhindert werden. Sie ist dann ausreichend erfolgt, wenn eine Person nur mit unverhältnismäßig großem Aufwand identifizierbar ist.

Manchmal kann eine Veränderung von Fakten notwendig sein, um die Identifizierbarkeit von Personen zu verhindern oder zu erschweren. Dabei sind Maßnahmen der Vergröberung und der Verfremdung bzw. Pseudonymisierung von Merkmalen zu empfehlen. Eine Vergröberung bedeutet zum Beispiel, ein Merkmal zu verallgemeinern. Eine Verfremdung bedeutet zum Beispiel, den Namen, das Alter oder das Geschlecht zu verändern. So wird z.B. aus Christian Thomas, oder aus Friseurin Kosmetikerin. Das ist natürlich nur dann zweckdienlich, wenn die veränderten Merkmale nicht entscheidend für die Urteilsfindung sind.

Sachliche Darstellung und sprachliche Prüfung der Fallgeschichte

Die Fallgeschichte sollte möglichst sachlich dargestellt werden, ohne Bewertungen von Handlungen oder Handelnden vorwegzunehmen. Sie sollte unter Verwendung von gendergerechter Sprache geschrieben sein. Bei der Wortwahl sollte darauf geachtet werden, respektvolle und im Sinne der Betroffenen formulierte Personenbezeichnungen zu wählen. Dabei sollten Begriffe vermieden werden, die von Angehörigen der jeweiligen Gruppe als verletzend oder herabsetzend empfunden werden.

Ein Beispiel wäre anstatt von „mongoloiden Kindern“ von Kindern mit Trisomie 21 oder Down Syndrom zu sprechen.

Fachliche Qualität der Darstellung

Die Fallgeschichten sollen keine fachlichen Fehler beinhalten und in der gegenwärtigen Ethik-Lehre in einem europäischen Industrieland als realistisch betrachtet werden. Die Maßnahmen und Handlungen, die in der Fallgeschichte thematisiert werden, sollen auch aktuell zum Einsatz gebracht werden.

Wenn aber der Zweck der Lehre sein soll, Fallbeispiele aus anderen Ländern oder aus der Vergangenheit zu betrachten, in denen andere Behandlungsstandards gelten bzw. gegolten haben, ist das auch zulässig, wenn der besondere Kontext, in dem die Fälle betrachtet werden sollen, mit erläutert wird.

Eine fachliche Prüfung und Weiterentwicklung von Fallbeschreibungen findet im Austausch zwischen den Spendenden und der Redaktionsgruppe statt.

Urheberrechtsschutz und Plagiatsprüfung

Veröffentlichte Fallbeschreibungen zum Beispiel in Fachpublikationen oder digital zugänglich Medien (z.B. Webseiten) unterliegen in der Regel einem Urheberrechts- und Kopierschutz. Sollen sie wortwörtlich veröffentlicht werden, müssen Fallspender*innen das Recht auf ihre Veröffentlichung besitzen. Der Schutz besteht für das Werk, also die textliche Fassung der Fallbeschreibung und Layout, nicht auf die Ereignisse, die der Fallbeschreibung zugrunde liegen. Daher ist es unbedenklich, wenn Fallbeschreibungen in eigenen Worten nacherzählt werden. Auch eine Verfremdung einer Fallbeschreibung ist möglich, um beispielsweise Fallgeschichten zu vereinfachen oder auf eine Entscheidungssituation zuzuspitzen. Beruht die Fallbeschreibung auf einem veröffentlichten Fall, soll die Quelle angegeben werden, damit die Gutachter*innen des Fallrepositoriums eine Plagiatsprüfung durchführen können.

An einer Fallspende können verschiedene Personen beteiligt sein. Wir definieren zunächst die Rollen, in denen sie tätig werden können und geben dann an, wer welches Einverständnis geben muss, um die Veröffentlichung eines Textes zu autorisieren.  

Protagonist*in 

Protagonisten/Protagonistinnen sind Personen, deren Handeln in der Fallbeschreibung im Mittelpunkt steht. Sie können zum Beispiel diejenige sein, aus deren Perspektive eine Situation beschrieben wird, in der z.B. moralische Unsicherheit, ein moralischer Konflikt, ein moralisches Dilemma oder ein moralisches Handeln in Frage steht. In einer Fallbeschreibung kann es mehrere Protagonisten/Protagonistinnen geben (z.B., wenn eine interprofessionelle Zusammenarbeit oder das Handeln einer Familie beschrieben wird). Neben den Protagonisten/Protagonistinnen können weitere Beteiligte vorkommen, die eine Rolle für die Fallgeschichte spielen. Darüber hinaus kann auch das Handeln von Kollektiven oder Institutionen beschrieben werden, die implizit oder explizit mehrere Personen betreffen. Eine Ethikkommission oder ein Ethikkomitee wäre z.B. ein handelndes Kollektiv, dessen Entscheidung in Frage stehen könnte.

Autor*in

Autoren/Autorinnen sind in der Regel diejenigen, die den Fall in dem Fallrepositorium einreichen. Sie müssen die Rechte am Text haben, also z.B. den Text über eine Situation oder Episode geschrieben haben. Es besteht die Möglichkeit, dass mehrere Personen einen Text gemeinsam verfassen und die Fallbeschreibung gemeinsam verantworten, d.h. sie tragen die Gewähr für den Text. Dabei bestätigt die einreichende Autorin/der einreichende Autor (corresponding author), dass alle Autor*innen genannt sind und der Veröffentlichung zugestimmt haben. Diese Person ist Ansprechpartner*in für Rückfragen zur Fallbeschreibung In der Einreichphase sind sie die Kontaktpersonen für die AG ethik learning und beantworten Fragen zum Fall.

Einverständniserklärung

Da Fälle im Fallrepositorium auch nicht-authentisch sein oder lange zurückliegen können, müssen Protagonisten/Protagonistinnen oder andere Beteiligte in der Fallgeschichte nicht ihr Einverständnis in die Fallveröffentlichung geben (anders als bei der Zeitschrift Ethik in der Medizin).

Nur die Autoren/Autorinnen der Fallgeschichte müssen ihr Einverständnis zur Veröffentlichung geben. Ihr Name und ihre Kontaktdaten werden mit der Fallbeschreibung veröffentlicht.

Auf Wunsch können Fälle auch ohne Angabe der Autoren/Autorinnen und ihrer Kontaktmöglichkeiten veröffentlicht werden. In diesem Fall wird lediglich angegeben, dass die Autoren/Autorinnen der Redaktion bekannt sind.

Für die Ausführlichkeit und Länge der Fallbeschreibungen gibt es keine strikten Vorgaben. Je nachdem, in welchem Lehrkontext Fälle eingesetzt werden, können ausführliche Fallvignetten oder kurze Fallskizzen sinnvoll zum Einsatz gebracht werden, ein Umfang zwischen vier Sätzen und mehreren Seiten ist denkbar. Wichtig ist, dass Autoren/Autorinnen didaktische Hinweise für den Einsatz ihrer Fallbeschreibung übermitteln.

Folgende Fallbeschreibungen werden nicht in unserem Fallrepositorium veröffentlicht:

  • Fallbeschreibungen, bei denen keine Anonymisierung der Fallprotagonisten/Fallprotagonistinnen möglich ist (z.B. identifizierbare Fälle, in denen prominente oder einzigartige Personen bzw. Maßnahmen beschrieben werden),
  • Fallbeschreibungen, die für die beschriebenen Personen oder Gruppen verletzend sein könnten,
  • veraltete Fallbeschreibungen, die Rollen, Maßnahmen und Techniken beschreiben, die nicht mehr im Einsatz sind, und,
  • plagiierte Fallbeschreibungen, bei denen Fallspendende nicht über das Recht zur Veröffentlichung unter den hier beschriebenen Bedingungen verfügen, die einem bereits von anderen Autoren/Autorinnen veröffentlichten Text zu ähnlich sind oder nacherzählte Fallbeschreibungen ohne Quellenangaben.

Sollte ein Verstoß gegen ethische Grundsätze vorliegen, behält sich die AG ethik learning vor, Fallveröffentlichungen zurückzuziehen.

Hinweise zur Fallnutzung

Die Nutzung der Fälle steht allen offen und ist frei. Die Fallbeispiele dürfen geändert, zum Beispiel an bestimmte Fragestellungen oder Unterrichtssituationen angepasst abgewandelt, vereinfacht oder komplexer gemacht werden. Sie dürfen auch an anderer Stelle veröffentlicht werden, sofern die Quellenangabe referenziert wird (siehe CC-BY-SA).

Zitiervorschlag:

Beispiel Fallnummer 12:

URL: Autor*in (falls bekannt) (Veröffentlichungsdatum), https://www.medizinethiklehre.de/fallrepositorium/12 (Zugriff: Datum)

Feedback

Es besteht die Möglichkeit, dass Dozierende Fälle kommentieren, die sie in ihrer Lehre zum Einsatz gebracht haben. Dabei geht es uns nicht darum, die Beschreibung zu bewerten, sondern Erfahrungen zu teilen, die anderen Lehrenden helfen könnten, über den Einsatz des Falles zu entscheiden. Hilfreiche Hinweise wären zum Beispiel Beschreibungen der Zielgruppe, die eine Erfahrung mit dem Fall machen konnte, etwa in Bezug auf Ausbildungskontexte, in der ein Lehrangebot verortet war, Vorerfahrung der Teilnehmenden oder dem Unterrichtsformat, in dem der Fall eingesetzt wurde.

Die AG ethik learning ist auch an Rückmeldungen zum Fallrepositorium insgesamt interessiert. Wenn Sie unser Angebot schätzen oder Verbesserungspotentiale aufzeigen wollen, melden Sie sich bitte per Email (ethik-learning@aem-online.de) oder Kontaktformular bei uns.

Wir bedanken uns ganz herzlich für Ihr Engagement für die Ethik-Lehre in Gesundheitsberufen und -fächern!

Das Redaktionsteam des Fallrepositoriums der AG ethik learning